Zusammenfassung Masterarbeit Andrea Stippler
Physiologiebasierte pharmakokinetische Modellierung zur Evaluation des Einflusses von chronischer Niereninsuffizienz auf die Pharmakokinetik von CYP3A4-Substraten
Chronische Niereninsuffizienz (CKD) beeinflusst nachweislich die Pharmakokinetik (PK) von hauptsächlich renal ausgeschiedenen Arzneistoffen. Auch eine Beeinflussung verschiedener Cytochrom P450 (CYP)-Enzyme wird diskutiert. Allerdings sind Richtung und Ausmaß der Beeinflussung der chronischen Niereninsuffizienz auf die Aktivität von CYP3A4 noch unklar. Während In-vitro-Untersuchungen eine Abnahme der CYP3A4-vermittelten Clearance bei chronischer Niereninsuffizienz nahelegen, ergab sich bei klinischen Studien kein eindeutiges Bild. In dieser Arbeit sollte mit Hilfe von zwei physiologiebasierten pharmakokinetischen (PBPK) Modellen für hauptsächlich renal ausgeschedene Arzneistoffe eine weitergehende Darstellung der CYP3A4-Aktivität einen Beitrag zur Aufklärung dieser Frage leisten.
Im Rahmen des Projekts wurde die Software PK-Sim® unter Benutzung der dort zur Verfügung stehenden Werkzeuge der Sensitivitätsanalyse und Parameteridentifizierung verwendet. Mehrere Literaturrecherchen wurden durchgeführt, um geeignete Arzneistoffe zur Modellerstellung und entsprechende Studien bei Patienten mit Niereninsuffizienz zu finden. Daraufhin wurden Simulationen mit zwei verschiedenen PBPK-Modellen für hauptsächlich renal ausgeschiedenen Arzneistoffe durchgeführt. Die beiden Modelle wurden mittels Akaike-Informationskriterium miteinander verglichen.
Im Weiteren wurden die Simulationen des simpleren Modells einer Sensitivitätsanalyse unterzogen, um eine erste Beurteilung des Einflusses von CYP3A4 auf die Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve und die maximale Konzentration zu ermöglichen. Anschließend wurde der Modellparameter „CYP3A4-Referenzkonzentration“ als Surrogat für die Aktivität von CYP3A4 getestet. Abschließend wurde eine Modellqualifizierung am Beispiel von Midazolam und dessen Metaboliten durchgeführt. Hierbei wurde das Vorhersagevemögen des erstellten Modells gegen sein Grundmodell und gegen ein uninformiertes Modell bezüglich chronischer Niereninsuffizienz mittels statistischer Tests evaluiert.
Der Vergleich der Modelle ergab eine leichte Überlegenheit des Modells ohne CYP3A4-Informierung. Das Hauptergebnis dieser Arbeit war, dass die Parametrierung der CYP3A4-Referenzkonzentration das Bild der aktuellen Datenlage wiedergab. Die gefundenen Änderungen lagen innerhalb der Bioäquivalenzgrenzen. Das Vorhersagevermögen des final erstellten Modells mit Informierung der CYP3A4-Aktivität bei chronischer Niereninsuffizienz zeigte kein konsistentes Bild. Während die Prädiktion in CKD-Stadium 2 der eines uninformierten Modells unterlegen war, kehrte sich dies in den Stadien 3 und 4 um.
Diese Arbeit stellt den bislang ersten Ansatz zur Integration der CYP3A4-Aktivität in ein PBPK-Modell für Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz dar. Die Ergebnisse spiegeln den aktuellen Wissensstand wider. Um die Fragestellung in Zukunft klären zu können, werden weitere klinische Daten zum Zusammenhang des Schweregrades der chronischen Niereninsuffizienz und der CYP3A4-Aktivität benötigt.